Samstag, 28. Juni 2025
Erneute Fahrt ins Hinterland
Fahrkartenkauf in Ligurien
Um viertel nach neun geht’s dann heute wieder los. Auch schon wieder 26 °C.
Bevor wir aber ins Valle di Diano aufbrechen – nur etwa zehn Kilometer von hier –, versuchen wir unten an der Via Aurelia irgendwo noch Busfahrkarten zu kaufen. Die gibt’s in Italien in sogenannten Tabacchi – kleinen Läden mit einem „T“-Schild über der Tür. Dort werden neben Zigaretten und Lottoscheinen auch Fahrscheine, Briefmarken, Parktickets und allerlei anderer Alltagskram angeboten.
Beim Zebrastreifen über die SS 1 gibt es einen kleinen Parkplatz direkt an der Straße. Ich will aber gar nicht parken, sondern nur warten, bis Susanne die Fahrkarten besorgt hat. Deshalb stelle ich mich mit dem Panda kurz vor dem Parkplatz in ein blau umrandetes Feld. In Italien sind solche blauen Linien immer ein Hinweis darauf: Hier darf man zwar parken – aber nur gegen Bezahlung.
Ich bleibe einfach im Auto sitzen, Motor aus, Hände am Lenkrad, halb im Schatten, während Susanne etwa 50 Meter zurück zur „Tabaccheria Ricevitoria Marcarina Luigi“ läuft.
Dann kommt Susanne wieder und wir fahren los. Gut, einen Euro gespart.
„Autobahnen vermeiden“
Eigentliches Ziel war es, über ein paar kleinere Straßen und Serpentinen – abseits der Hauptstraßen – über Diano Marina, Diano San Pedro, Moltedo, Pontedassio und Gazelli nach Chiusavecchia zu fahren.
Bis Diano Marina, 2½ Kilometer weit, ging das ja auch noch ganz gut. Planmäßig fahren wir in Diano Marina rechts ab auf die Via Cà Rossa, links auf die Via Saponiera, rechts auf die Via Giaiette und links auf die Via della Bea – alles läuft wie am Schnürchen.
Doch anstatt wie geplant bis zur Via Diano San Pietro durchzufahren und dort rechts abzubiegen, machen wir einen entscheidenden Fehler: Wir biegen 200 Meter zu früh ab – in ein Wohngebiet. Der Straßenname? Natürlich ebenfalls Via Diano San Pietro. Zwei gleichnamige Straßen, 200 Meter auseinander – und das Navi wählt natürlich die falsche.
„Autobahnen vermeiden“ ist bei Tomtom offensichtlich keine Routenoption, sondern eine tief verwurzelte Überzeugung. Wahrscheinlich weigert es sich aus Prinzip, bei „Autobahnen vermeiden“ eine Strecke zu wählen, die mehr als zwei Autos nebeneinander erlaubt.
Im Reich der Taggiasca-Oliven
Schließlich schaffen wir es – nach etlichem Hin- und Her-Gekurve entgegen allen Tomtom-Anweisungen in die Idylle – und fahren zwischen große Agaven und trockenem Gras am Straßenrand. Ein einzelner Strommast ragt in den klarblauen Himmel, der keine einzige Wolke zeigt. Ganz oben – auf dem Gipfel des Bergs – sind klein Gebäude sichtbar – vermutlich ein Dorf oder einzelne Gehöfte mit weitem Blick über das Tal. Die Szenerie wirkt ruhig, mediterran und leicht abgelegen.
- Mit dem Panda in eine entlegene Gegend
- Ort auf dem Hügelgipfel
Vier Kilometer weiter sind wir mittendrin in den Olivenhainen.
- Die alten Olivenbäume spenden Schatten.
- Olivenbaum-Terrassen
Was wir bis da hin auch nicht wussten: Zwischen Chiusavecchia und Chiusanico liegt das klassische Territorium der ligurischen „“Olivoliveti“. „Olivoliveti“ sind nach Süden ausgerichtete, terrassierte Hügel. Hier wächst vor allem die traditionelle Sorte Taggiasca, eine kleine, aromatische Olive, die geschätzt wird für hochwertiges Extra Vergine Öl mit feinen Mandel- und grünen Kräuternoten.
- Finnwill auch aufs Bild.
- Delfin im Olivenbaum
Chiusanico
Wir fahren die schmale Straße zwei Kilometer weiter den Berg hinauf. Die ist zwar auch steil und eng, aber bei 8 % Steigung lacht „Katzabärle“ nur. Oben angekommen gibt es gegenüber der Kirche einen riesigen Parkplatz und dahinter ein Haus mit Tischen und Stühlen davor – sieht aus wie ein Biergarten.
- Parrocchia Di San Stefano
- Wir wollen uns ein bisschen die Füße vertreten.
Wir stellen das Auto ab und gehen nach links noch ein paar Meter in den Ort hinein – Wir wollen uns einfach die Füße vertreten. Der Ort gibt aber nicht viel her: Rechts der Palazzo Comunale, links ein kläffender Hund. Das war’s dann aber auch schon. Der Ort heißt übrigens Chiusanico und die Kirche Parrocchia Di San Stefano
Die Bar, die direkt gegenüber am Parkplatz liegt, heißt „Circolo il Girasole“, eine bei Einheimischen besonders beliebte Bar. Wir sind zwar keine Einheimischen, setzen uns dennoch dazu und kommen – oh, der Mann unterhält sich mit der Frau gegenüber deutsch – sofort ins Gespräch.
Das Paar kommt ursprünglich aus Düsseldorf. Beide leben bereits seit einiger Zeit hier, etwas weiter oben, nahe der Piazza Castello. Die Frau macht offenbar Homeoffice, was der Mann macht, wissen wir nicht. Jedenfalls lernen sie fleißig italienisch und testen ihre Fortschritte am Tisch mit den Einheimischen aus. „Nur, wenn man aufgeschlossen ist“, sagen sie uns, „bekommt man Zugang zu den an sich verschlossenen Einheimischen.“
Während wir etwas trinken, schreibt Susanne – ja in der Beziehung sind wir total altmodisch – Karten an unsere Freunde. Ich frag derweil den Ex-Düsseldorfer und Neochiusanichese „Sagen Sie mal, das Dorf dort drüben auf dem Berg, wie heißt das und kommt man da irgendwie hin?“
„Ganz einfach. Das ist Torria. Fahren Sie durchs Dorf und dann zwei, zweieinhalb Kilometer weiter. Man kann gar nicht anders.“
- Susanne beim Postkarten-Schreiben
- Torria
Es ist verrückt, wie die Zeit vergeht. Fünfzig Minuten später, inzwischen hat es 37 °C, der Kilometerzähler zeigt 70.6785, fahren wir weiter nach Torria.
Torria
Torria liegt – umgeben von Olivenhainen und steilen Terrassenfeldern – auf dem Gipfel eines Hügels. Vom Dorfplatz vor der Kirche „Chiesa parrocchiale di San Martino“ aus sieht man bis hinunter ins Tal – und manchmal hört man nur den Wind und das Zirpen der Zikaden.
- Chiesa parrocchiale di San Martino
- Ein steiler Weg führt 139 m runter
Wir fahren – natürlich nicht – wie jeder Normale – die SP 29, sondern den steileren Weg links runter, den mit den rotumrandeten runden Verkehrsschildern 30 und 3,00 t sowie dem dreieckigen „Gefahrenstelle-Schild“ und dem Zusatzschild „Strada sprovvista di protezione veras valle“, das ich zwar lesen aber nicht übersetzen kann. Es geht 8 % runter, aber das ist für den Panda ja gar nichts.
Dann kommen wir durch einen schattigen Wald mit Kastanien und Eichen. Während ich mich auf die Straße – oder besser – auf den Weg konzentrieren muss, entdeckt Susanne offenbar etliche Eichelhäher. Nicht nur, dass sie sie sieht – als alte Vogelbeobachterin (sie macht immer mit bei „Die Stunde der Gartenvögel“) –, sondern sie erkennt die Tiere auch an deren „Käääh“ oder „Kjää“ oder daran, dass kleinere Singvögel auf das Erscheinen eines Eichelhähers mit Alarmrufen oder Fluchtverhalten reagieren.
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